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Deutschland Kultur Bericht
Teile dein Brot und dein Glück
Ein Strandspaziergang mit Folgen
Weltumspannende Galerie der Mehlsäcke ist neues Wittenburger Highlight
Redaktion: Andreas Köckert
Eingestellt am  26.05.2008 Aktualitätsende 26.05.2009

Wittenburg/gc. Vor zehn Jahren ging Volkmar Wywiol im Urlaub am Strand von Dubai spazieren. Plötzlich stolperte der Gründer der Stern-Wywiol Gruppe, zu der auch die Unternehmen SternMaid (Wittenburg) und Mühlenchemie (Ahrensburg) gehören, über einen vergrabenen Plastiksack. Dieser entpuppte sich nach seiner  Freilegung als Mehlsack eines Kunden. Dies brachte Wywiol auf die geniale Idee, Mehlsäcke aus aller Welt zu sammeln. Mit großer Leidenschaft begeisterte der damals 62-Jährige seine Kunden und Mitarbeiter, am Aufbau einer ungewöhnlichen Sammlung von Mehlsäcken mitzuwirken. Die Keimzelle für das heutige „flour art museum“ war gelegt.

Inzwischen ist die Sammlung auf mehr als 1 600 Mehlsäcke aus 110 Ländern aller Kontinente angewachsen. Volkmar Wywiol mietete die ehemalige Wittenburger Amtsbergschule von der Stadt und baute das denkmalgeschützte Gebäude in zehnmonatiger Bauzeit für eine halbe Million Euro um. Im Erdgeschoss inszenierte er  - in enger Zusammenarbeit mit der Kulturwissenschaftlerin und Kuratorin Angela Jannelli sowie dem Architekten und Ausstellungsgestalter Carsten Falkenberg - etwas Ungewöhnliches und Einzigartiges - das „flour art museum“ - eine weltumspannende Galerie der Mehlsäcke.

„Seit Tausenden von Jahren ist Weizen eines der wichtigsten Nahrungsmittel. Weltweit werden jährlich etwa 400 Millionen Tonnen Mehl für Lebensmittel verarbeitet. Die Müller aller Länder leisten einen imponierenden Beitrag zur Versorgung der Menschen mit Mehl und Brot. Ihnen ist das Museum gewidmet“, betont der leidenschaftliche Sammler. So ungewöhnlich wie die Idee ist auch die exzellente Inszenierung der Mehlsäcke im Museum. Im Empfangsraum werden die Besucher von der „Schönen Müllerin“ im Sackkleid in mehreren Sprachen begrüßt.

Atemberaubend der erste Raum des Museums: Weizen weltweit. Eine Weltkarte auf dem Fußboden zeigt die Herkunftsländer der Mehlsäcke und schwebende Mehlsäcke inszenieren eine Reise in 32 Säcken um die Welt. In großen Lettern und 25 Sprachen ist an den Wänden das Motto der Ausstellung zu lesen: Teile dein Brot und es schmeckt besser. Teile dein Glück und es wird größer. „Mehl und Brot spielen eine gewichtige Rolle in der Geschichte der Menschheit. Sie stehen am Anfang der gesellschaftlichen Entwicklung, denn die Menschen wurden erst sesshaft, als sie vor 13 000 Jahren mit dem Ackerbau begannen. In vielen Hochkulturen war Getreide Grundnahrungsmittel und Lebenselixier. Dementsprechend groß war auch seine kulturelle Bedeutung. Korn, Mühlen und Brot sind wichtige Motive in religiösen Mythen, in Sagen und Märchen, in Sprichwörtern und der Alltagskultur“, erläutert der heute 72-Jährige.

 Hierfür steht der zweite Raum, der „Korn- und Mehlmythen“ gewidmet ist. Hier warten mehrere zu öffnende Überraschungsfenster auf die Besucher. Dort ist beispielsweise auf Knopfdruck der weltberühmte Brötchentanz von Charlie Chaplin live als Stummfilm zu sehen. Zieht der Besucher an anderer Stelle die Gardine hoch, erlebt er hautnah den Schwarzwälder Mythos von der Altweibermühle. Natürlich fehlt auch die Perücke von Mozart nicht, der nach historischen Überlieferungen seine Haarpracht mit Mehl bestäubte um sie strahlend weiß zu erhalten.
Fantastisch auch der Symbolraum, in dem es ausschließlich um die starke Symbolkraft der Motive auf den Säcken geht. Gewürzt mit akustischen Signalen und sprechenden Säcken wird hier eine besondere Atmosphäre geschaffen. Man sieht dynamische Szenen: Starke Männer, die eiserne Ketten sprengen oder Ringer die ihre Kräfte messen. Sie verdeutlichen die Kraft des Korns, die auf den Körper übergeht - die man sich wortwörtlich einverleiben kann.

Vom Symbolraum gelangt der Besucher in den nächsten Raum, der der Reinheit und Makellosigkeit von Weißmehl gewidmet ist. Der Betrachter findet sich gleichsam in einem großen begehbaren Sack wieder. Weißmehl gilt als besonders hochwertig und makellos rein. Diesen Aspekt greifen viele Mehlsäcke auf. Die Motive zeigen Polarlandschaften, Eisberge und schneebedeckte Berge In dem Raum ist ein Knacken zu hören, so als wenn man über gefrorenen Schnee läuft. In zwei weiteren Räumen, der sogenannten Sackothek - das Herzstück der Ausstellung - stehen - ähnlich einer Bibliothek - in Regalen weit über 1 600 gerahmte Original-Mehlsäcke aus 110 Ländern, die man nach Belieben herausziehen kann. Hier hat jeder Sack seinen Ehrenplatz gefunden und lädt ein zum Stöbern in den schönen Hüllen des Mehls. Blickfang der Sackothek ist ein kunstvolles Geflecht aus unzähligen filigranen Fäden und Knoten. Es offenbart eine göttliche Erscheinung: Demeter, Göttin des Getreides, blickt würdevoll auf die Besucher des neuen „flour art museum“ in Wittenburg.

Im letzten Raum „steht“ natürlich auch jemand zur Verabschiedung der Gäste aus nah und fern bereit - eine Nachbildung des Kleiekotzers. Früher an Mehl- oder Beutelkasten angebracht, in dem das gemahlene Korn gesiebt wurde, dienten seine unheimlichen, dämonischen Gesichtszüge der Abschreckung von bösen Geistern. Das Mahlgut wurde durch einen feinen, schlauchartigen Beutel geleitet, der ständig in Bewegung war. Das feine Mehl rieselte durch die Poren des Beutels. Die gröbere Kleie fiel nach unten - und der Kleiekotzer spuckte sie aus. Im „flour art museum“ ist der Mühlenschutzgeist als Glücksbringer in Aktion, der den Besuchern den Müllergruß „Glück zu!“ mit auf den Weg gibt.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Dr. Harald Ringstorff und Volkmar Wywiol eröffnen das Museum am Dienstag, 10. Juni, 14 Uhr, vor geladenen Gästen. Am Sonntag, 15. Juni (14 bis 17 Uhr) und am Tag des Denkmals - Sonntag, 14. September (11 bis 17 Uhr) - stehen die Türen des Museums für alle Besucher kostenfrei offen. 

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