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Russland Leben Bericht
Von Barnaul nach Stuttgart
Ein paar tausend Kilometer für eine Bewerbung
Redaktion: Constanze Jantsch
Eingestellt am  17.04.2011 Aktualitätsende 25.04.2011
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Barnaul/gc. Ich sitze inmitten meiner mitgebrachten Schätze (Schokolade, Gummitiere, Drogerieartikel) bei geräucherten Käsefäden und Schwarztee (dazu gehört eigentlich Bier) und will nun von meinem Aufenthalt in Deutschland berichten.

Schon alleine die Fliegerei wäre einen Extrabericht wert. Ich habe meine Flüge ja im Internet gebucht und als Sitzplatzwunsch Fenster angegeben. Dann saß ich natürlich jedes Mal auf dem Hinflug im Gang.

Von Moskau nach Düsseldorf ging es mit einer deutschen Fluglinie. Die Crew war genial und ziemlich cool; 2 Reihen vor mir saßen drei angetrunkene 30- bis 40-jährige Russen. Der eine stand ständig auf, wenn das Flugzeug zur Startbahn wollte. Die resolute Stewardess musste ihn dreimal ermahnen und meinte, als ich aufs WC ging, sie war kurz davor ihn rauszuschmeißen. Der Typ in der Mitte übergab sich unterwegs und gab dem Steward Wischtücher zurück, an denen Erbrochenes war. Das hat der Steward natürlich nicht gesehen, und reingelangt. Diesen Vorgang bemerkte ein russischer Familienvater in der Reihe vor mir und kommentierte es mit einem lauten Lachen. Das fand der Steward wiederum gar nicht lustig und sagte ihm das (auf Deutsch): „dummer Hund“. Die Stewardess sagte mir, auf Flügen nach Deutschland sei das immer so.

Dann, in Düsseldorf, saß ich in der Maschine  nach Stuttgart zwischen wichtigen und hochbeschäftigten Geschäftsmännern. Ich war die Einzige, die aussah als käme sie aus dem Wald, denn ich hatte ja meine für minus 30 Grad ausgelegte Winterjacke an und meine dicken, schweren, mit Lammfell gefütterten Winterschuhe an.

Im Hostel war ich mit drei anderen auf dem Zimmer, was mir recht egal war, denn ich war einfach nur müde. Im Zimmer hatte ich eine italienische Flötenspielerin namens Costanza. Die war wirklich nett und an den kommenden beiden Abenden waren wir zusammen beim Italiener um die Ecke. Ich musste meinen Grüngemüsemangel, den Tomate-Morzarella-Haushalt und auch den Weinhaushalt auffüllen. Dann gab es da auch noch eine Fußballübertragung und ich ließ mich vom Herrn am Nachbartisch noch auf ein weiteres Glas Rosé einladen.

Ansonsten war ich ziemlich reizüberflutet. In einer Bäckerei konnte ich nichts kaufen, weil ich einfach nicht wusste, was? Die Auslagen in den Geschäften sehen so toll aus, man könnte meinen, der Osterhase hätte alles persönlich dekoriert.

In einem Geschäft stand ich vor einer Uhrenvitrine, da macht der Verkäufer eine Schublade auf und streckt mir einen Lindt-Hasen entgegen. Ich war in so ziemlich jeder Drogerie und habe mich mit Kosmetika eingedeckt, den Lidl für mein Osterseminar leergekauft, Schoko- und Vanillepudding mitgenommen. Bescheuert, total bescheuert – aber toll!

Mein Gespräch war gut, mit mir waren noch ein Mädel (drei Jahre älter als ich) und ein Typ, auch älter. Sie probierte das bereits zum dritten Mal ... Die haben nur 5 Stellen und schätzungsweise bis zu 50 Bewerber. Ich hatte auf alles eine Antwort und bin mit dem echt zufrieden, was und wie ich es gesagt habe. So es ging es immer der Reihe nach, es war auch nicht so widerlich, dass wir uns dort gegenseitig die Augen ausgekratzt hätten.

Freitagmorgen ging es wieder nach Berlin. Das Gepäck hatte ich bis Barnaul durchgebucht. Hatte sogar einen Fensterplatz. Aber nach Berlin, ich wollte mich gerade hinlegen, da setzt sich ein Herr aus der vollbesetzen Reihe zu mir. Mist. Nach Moskau hatten wir eine bissl komische Crew. Mein Platz war in der erste Reihe, da wo die Tür ist. Es zog auf 8000 Meter wie Hechtsuppe. Beim Start und bei der Landung darf nichts in der ersten Reihe stehen.

Der moppelige Steward und seine spanische Kollegin waren genervt, denn ich laufe doch nicht durchs halbe Flugzeug und such mir einen Platz für meine Tasche. Die erste Ablage ist nicht benutzbar. Und in der ersten Reihe kann man die Armstützen NICHT hochklappen,Sicherheitsstandards. Toll. Von Mutter und schreiendem Kleinkind in der gleichen Reihe auf der anderen Seite rede ich mal gar nicht.

Ich muss in Russland durch die Registrierung, normal lachen die nie, waren extrem nett diesmal.  Der Typ guckt auf mein Foto im Pass (ist drei Jahre alt mit ganz kurzen Haaren), er „Wer ist das?“. Na, danke. Ich weise ihn darauf hin, dass sich auf meinem Visum, das ich im November bekommen habe, ein aktuelles Bild ist. Stempel hier, Stempel da. Alles gut.

In Moskau bin ich also ohne Gepäck raus. Die Taxisten werben um jeden Fahrgast in die Stadt. Ich nehme es mit Humor und freue mich auf Russisch, dass es toll ist, dass sie mich bis nach Barnaul bringen wollen. Schön, entgeisterte Gesichter zu sehen. Nicht mal Russen fahren freiwillig hierher, wo ich bin.

Gehe zum erneuten Check-In und erwähne, dass mein Gepäck durchgebucht ist. Sie, freundlich, sagt, ich muss zurück (ahhh, an Milizionären vorbei). Mein Gepäck kommt hier raus und wird neu eingecheckt. Anders geht es nicht in Russland. Zum Glück hatte ich kein Übergepäck. Die verdienen sich damit eine goldene Nase.

Ich verweise auch diesmal die Frau auf den Wunsch nach einem Fensterpltz. Kein Problem, sagt sie. So vertreibe mir die sechs Stunden Wartezeit auf dem Flughafen. Alle Flüge hierher gehen erst nachts um halb 12. Ich stehe beim Boarding. Dort fällt mir so eine männliche russische Hustinette auf und ich denke, wenn der meinen Schlaf stört ... Man erkennt tatsächlich bereits am Aussehen, dass es Leute vom Land sind. Wo sitzt die Hustinette? Genau. Und er riecht auch noch nach Schweiß und Rauch. Leider konnte ich mich nicht umsetzen. Als er sich neben mich setzt, vielleicht so 45 oder auch 50, nicht mehr schätzbar, drehe ich mich schnell zum Fenster und verzichte auf das Boardessen. Schlafen ist gesünder. Meine Ohrstöpsel hätten auch für die Nase getaugt ... Morgens um 6.30 Uhr Landung in Barnaul.

Beim Anflug da sah die Erde bombastisch schön aus. Die Sonne ging gerade auf, die Erde war so frisch befreit von dem ganzen Schnee,  dadurch feucht, und es zogen sich schöne Spuren durch. Es war sehr mild. In Moskau war es grau und die Temperaturen lagen um die 6 Grad plus. Hier in Barnaul waren es die letzten Tage um die 23 Grad. In den meisten Wohnungen sind die Heizungen noch an, zum Glück kann ich sie wenigsten ausdrehen, wenn auch nicht regulieren. Als ich das Flugzeug verlasse, sieht es aus wie auf dem angehängten Foto (das ist da, wo ich immer meinen Müll hinbringe). Ich laufe übers Rollfeld, hole mein Gepäck aus dem Vereinsheim (sieht echt so aus) und stelle fest, dass ich mit 170 Rubel, 4 Euro, nicht weit komme. Also gehe ich ins Hauptgebäude, will meinen Koffer stehen lassen vor dem Security-Scanner. Der Milizionär sagt, das geht nicht, er muss gescannt werden. Wurde er wahrscheinlich nicht oft genug in den letzten Stunden, die Schokolade könnte ja explodieren. Der Bankomat ist leider Sperbank, was mit meiner Visacard noch nirgendwo funktioniert hat. Der Bus. Da stehen genau zwei, ein altes Modell aus Schweden und eine noch ältere Marshrutka. Ich laufe mit dem Koffer auf den großen Bus zu, die Türen sind offen. In dem Moment als der Fahrer mich erblickt, macht er die Türen zu und fährt ab. Welcome home! Ich also in dieses andere Ding und ahne schon, es kann lange dauern. Mittlerweile ist es halb 8. Statt an der Kreuzung links gen Stadt abzubiegen, fahren wir rechts, wir haben ja Zeit. Wir cruisen durch ein Wohngebiet. Immer wenn die herbe Fahrerin schalten will, steht der Wagen fast, und auch sonst hat man viel Zeit,  um die Gedanken schweifen zu lassen.

In der Stadt am Oktoberplatz warte ich auf die Fahrt nach links. Nein, auch nicht, rechts. Ich bin zwar schon in meiner Straße, steige mit dem Koffer aus und suche mir einen Bus, der mich nach Hause bringt.

Gar nicht lange hier, zu Aude, der Französin, mit Lidlaufbackbrötchen in den Tag. Bringe sie zum Bahnhof, sie fährt nach Irkutsk. Dann zu Hause eine Runde schlafen.

Jetzt fahre ich gleich in die Stadt, „Gegen die Wand“ von Fatih Akin. Der Grund, warum ich zurückkommen sollte, so schnell. Naja, immerhin mag ich den Film.

Im Mai sagen sie, wer einen Job bekommt, von sieben Stellen sind nur 5 Kooperationen zustande gekommen. Lassen wir uns überraschen.

Bildunterschrift:
In Derutschland kaum denkbar, in Barnaul normal. Hier entsorgt der Bürger seinen Hausmüll. Foto Constanze Jantsch

Constanze Jantsch
Constanze_Jantsch(at)web.de louis vuitton pas cher , christian louboutin shoes , nike blazer pas cher , sac à main louis vuitton pas cher , nike lebron 11 pas cher , air jordan pas cher , nike tn requin pas cher , nike air max 90 pas cher , louboutin pas cher

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