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Deutschland Wirtschaft Bericht
Benutzerfeindlichkeit der Multimedia-Branche
Stolpernde Putzfrauen
Warum technologisches Idiotentum der Volkswirtschaft schadet
Redaktion: Gunnar Sohn
Eingestellt am  22.09.2009 Aktualitätsende 01.10.2009
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Nürnberg/gc/www.ne-na.de. Neue Medien sind immer auf der Suche nach unbekannten Bedürfnissen. „Wenn sich Bastler, Ingenieure, Programmierer etwas ausdenken, sind sie ausschließlich an den Eigenschaften ihrer Spielzeuge interessiert. Der mögliche Benutzer ist für sie nur ein störender Ignorant“, kritisiert der keinesfalls technikfeindliche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger http://www.suhrkamp.de/autoren/hans_magnus_enzensberger_1134.html.

Was sich in Büros und Wohnzimmern abspiele, sei grotesk. Rechner, Drucker, Modems, Netzgeräte, Scanner und Brenner würden jeweils das Studium einer hundertseitigen Betriebsanleitung erfordern.

„Der Zustand der so genannten Multimedia-Branche lässt sich am Gewirr der Kabel ablesen, über welche die Putzfrau stolpert“, moniert Enzensberger. Vom technisch möglichen Zusammenschmelzen der elektronischen Medien, wie von den Herstellern seit Ewigkeiten versprochen, könne in Wirklichkeit noch keine Rede sein: „Die digitalen Medien schließen durch ihre Benutzerfeindlichkeit zwei Drittel der Bevölkerung aus. Man fragt sich vergeblich nach dem ökonomischen Sinn dieser Sabotage“, so Enzensberger, Autor der legendären „Siebenunddreißig Balladen aus der Geschichte des Fortschritts“ (Titel: Mausoleum, erschienen bei Suhrkamp).

Vielleicht liege es an den berufsbedingten Schauklappen nach dem Motto: Chacun devient idiot à sa façon – jeder macht sich aus seine Weise zum Idioten.

„Idiotisch sind vor allen Dingen die volkswirtschaftlichen Einbußen, die Unternehmen durch die Ignoranz der Kundenbedürfnisse verursachen.

Produkterlebnisse darf man nicht dem Zufall überlassen. Kunden dürfen nicht zum Reparaturbetrieb für die Obsessionen von Entwicklern degradiert werden“, fordert Bernhard Steimel, Sprecher des Nürnberger Fachkongresses Voice Days plus http://www.voicedays.com.

Das sei der Grund gewesen, sich intensiver mit Technologien für die Kundeninteraktion zu beschäftigen und ihre Wirkungen für die Dienstleistungsökonomie zu untersuchen. Auf den zweitägigen Voice Days plus wird beispielsweise Bernhard Schindlholzer von der Universität St. Gallen http://www.alexandria.unisg.ch/Personen/Bernhard_Schindlholzer am 6. Oktober die wirtschaftliche Bedeutung des Service Design-Ansatzes vorstellen. Viele Firmen würden sich nicht wirklich in die Rolle ihrer Kunden begeben.

„Wie oft passiert es denn, dass man sich als Mitarbeiter, Vorstandschef oder Bereichsleiter eines Unternehmens anonym in die Rolle des Kunden versetzt und wirklich erlebt, was er macht. So wurden dem Top-Management von General Motors immer nur die besten Fahrzeuge auf einer Teststrecke präsentiert. Die Führungskräfte sahen also immer die besten Produkte und verstanden nicht, warum die Fahrzeuge sich nicht verkaufen ließen. Das geschieht in vielen Unternehmen. Im Top-Management lässt man sich von den Mitarbeitern etwas präsentieren und ist nicht bereit, in die Filialen zu gehen oder einmal in der Warteschleife der eigenen Hotline zu verweilen“, sagt Schindlholzer.

Es würden zwar Unmengen an Daten über den Kunden und sein Verhalten erhoben. Doch niemand beobachte, was wirklich in einer Filiale passiert und wie sich die Verbraucher dort verhalten. Viele Dinge könne man allerdings nicht einfach abfragen.

„Die Kunden sind sich oft gar nicht bewusst darüber, warum sie bestimmte Dinge tun oder nicht tun. Ein Beispiel: In Berlin gibt es in einem Park Sitzgelegenheiten, bei denen einzelne Sitze auf Betonsockel montiert sind. Die Besucher des Parks haben sich nicht auf diese Sitze gesetzt, sondern auf die Betonsockel. Und unser Design-Team hat die Besucher befragt: ‚Warum sitzen Sie denn nicht auf den Sitzen, sondern auf dem Betonsockel?’ Die Antwort war: ‚Die Sitze sind beschmiert und haben Aufkleber drauf, da setze ich mich lieber auf den Betonsockel. Der ist sauberer.’ Ist der Sockel tatsächlich sauberer? Das wage ich zu bezweifeln. Und viele Antworten lauteten: ‚Das weiß ich gar nicht. Es war mir gar nicht bewusst, dass ich mich auf den Sockel und nicht auf den Sitz gesetzt habe.’

Durch Befragung allein, kommt man also nicht weiter, denn mit den traditionellen Methoden können bestimmte Einsichten nicht generiert werden“, so der Service Design-Experte. Mit qualitativen, ethnographischen Methoden aber könnten neue Einsichten gewonnen und ein neues Kundenverständnis für geschaffen werden.

„Die Deutsche Bank beispielsweise hat in Berlin ihre Filiale Q110 - die Deutsche Bank der Zukunft. McDonald's hat ein Test­center in München und Metro unterhält ein Retail Center of the Future. Das alles sind Umgebungen, in denen experimentiert und neue Ideen und verbesserte Services getestet werden können“, weiß Schindlholzer. In Firmen sollten Umgebungen mit Freiräumen entstehen für Teams, die sich ausleben und scheitern dürfen – losgelöst vom typischen Hierarchiedenken.

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