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Türkei Menschenrechte Pressemitteilung
Strafbar: Verunglimpfung des Türkentums
Tabuthema Folter
ROG begrüßt Reformen zur kurdischen Sprache
Redaktion: Reporter ohne Grenzen
Eingestellt am  23.11.2009 Aktualitätsende 02.12.2009
Dieser Beitrag kann im vollem Umfang kostenlos und frei genutzt werden, wenn www.german-circle.de als Quelle genannt wird.
Berlin/gc/rog.  Reporter ohne Grenzen (ROG) begrüßt die Ankündigung der türkischen Regierung, die Einschränkungen bei der Verwendung der kurdischen Sprache aufzuheben. Gleichzeitig appelliert ROG an die türkische Regierung, die neuen Freiheiten auf die Medienberichterstattung über kurdische Themen und Belange auszudehnen.

„Die Regierung hat einen wichtigen Schritt von großer Symbolkraft getan. Allerdings wird diese Reform keine grundlegenden Auswirkungen haben, solange Medien die kurdische Frage nicht frei, das heißt ohne eine strafrechtliche Verfolgung fürchten zu müssen, ansprechen können“, kritisiert ROG.

„Medienmitarbeiter sind weiterhin Opfer von Zensur und Einschüchterungsversuchen, sobald sie sensible Themen wie die Interessen der kurdischen Minderheit aufgreifen“, so ROG.

Am 13. November 2009 kündigte der türkische Innenminister an, alle geltenden Einschränkungen der kurdischen Sprache abzuschaffen. Nach einer am selben Tag veröffentlichten Richtlinie soll auch die Ausstrahlung von Rundfunksendungen in Minderheitensprachen ohne zeitliche Beschränkung in Zukunft möglich sein.

Seit Januar 2004 war die Verwendung der einst verbotenen kurdischen Sprache in Printmedien und im öffentlichen Fernsehkanal TRT 6 erlaubt. Private
Kanäle durften hingegen nur fünf Stunden in der Woche im Radio und vier Stunden im Fernsehen auf Kurdisch senden. Darüber hinaus mussten die Sendungen bislang auf Türkisch untertitelt werden, so dass eine
Live-Übertragung unmöglich war. Infolge dieser Beschränkungen haben nur der lokale Kanal Gün TV sowie seit zwei Monaten der Satellitenkanal Su TV der kurdischen Minderheit Programme in deren Sprache angeboten.

Einige Gesetzesartikel beschränken derzeit die Recherche- und
Berichtsfreiheit türkischer Medien und verhindern demokratische Debatten im Land. Eine Reihe von Themen gelten als Tabu, darunter Kritik an der Armee, Polizei und Justiz sowie Folter, Laizismus oder bestimmte Darstellungen von Mustafa Kemal Atatürk. Kraft der Gesetze beschränken viele Richter und Staatsanwälte regionaler Gerichtshöfe die Freiheit der Medien. „Die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei kann sich nur verbessern, wenn diese repressiven Gesetze aufgehoben werden“, so  ROG.

Als besonders repressiv erweist sich die Anwendung des Artikels 301 des türkischen Strafgesetzes: Auf Grundlage dieser Regelung über die „Verunglimpfung des Türkentums, der Republik und der Grundlagen der Institutionen des Staates“ können Journalisten mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden. Auch auf Basis des Anti-Terror-Gesetzes Nr. 3713 und des Artikels 216 des Strafgesetzes über die „Anstiftung zu Feindschaft
und Hass“ werden Journalisten verfolgt.

In dieser Hinsicht laufen zur Zeit rund 20 Verfahren gegen Vedat Kursun, Chefredakteur der einzigen kurdischsprachigen Zeitung Azadiya Welat. Ihm
werden „PKK-Propaganda“, „stillschweigende Duldung von Verbrechen“ und „Zugehörigkeit zu einer illegalen Organisation“ vorgeworfen. Der Journalist ist seit Januar 2009 in Untersuchungshaft. Die erste Anhörung im Prozess gegen Kursun fand erst am 10. September 2009 statt. Die nächste Gerichtssitzung soll am 2. Dezember 2009 folgen.

Kurdische Oppositionszeitungen werden regelmäßig verboten, entsprechende Internetangebote gesperrt. Zuletzt wurde am 18. November 2009 die Website der Tageszeitung Günlük auf Grundlage des Anti-Terror-Gesetzes blockiert. Die Print-Ausgabe wurde bereits wenige Monate vorher verboten.

Die staatliche Repression trifft auch Medien, die wenig Sympathien für mögliche kurdische Autonomiebestrebungen zeigen. Dem Chefredakteur der Tageszeitung Milliyet, Hasan Cakkalkurt, und dessen Mitarbeiter Namik Durukan drohen siebeneinhalb Jahre Haft und 9.000 Euro Strafe: Beide haben ein Interview einer lokalen Presseagentur mit einer Führungsperson der PKK in ihre Zeitung übernommen. Die nächste Anhörung im Prozess gegen die beiden Journalisten soll am 26. Januar 2010 stattfinden.

Ein weiterer Journalist der Milliyet, Devrim Sevimay, und die von ihm interviewte bekannte türkische Sängerin Hülya Avsar werden der Anstiftung zum Hass beschuldigt. Avsar hatte in dem Interview geäußert, dass die türkische Politik der Öffnung die Rechte der Kurden nicht unterbewerten oder ignorieren darf, und dass es schwierig sei, die Terroristen der separatistischen PKK zu überzeugen, ihre Waffen niederzulegen.

Auf der Rangliste zur Lage der Pressefreiheit 2009 weltweit steht die Türkei auf Platz 122 von 175. Damit hat das EU-Beitrittsmitglied im Vergleich zum
Ranking des Vorjahres 20 Plätze verloren.

Pressekontakt:
Anja Viohl
Tel.: 030-202 15 10 16
presse@reporter-ohne-grenzen.de
http://www.reporter-ohne-grenzen.de

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