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Russland Politik Hintergrundbericht
Putins Traum von der Airlines of Russia
Für globale Allianzen ein Wagnis
Fünf russische Fluggesellschaften steigen wie Phönix aus der Asche
Redaktion: Jens Flottau / maiak.info
Eingestellt am  03.01.2010 Aktualitätsende 12.01.2010
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Zürich/gc/maiak. Die russischen Fluggesellschaften wurden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 von starken Turbulenzen durchgeschüttelt. Fünf Airlines haben aber Anschluss an den Weltstandard gefunden und kontrollieren heute 60 Prozent des Marktes: Aeroflot, S7 Airlines, Transaero, UTAir und GTK Rossiya.

1991 war das Image von Aeroflot & Co. am Boden
Es gab eine Zeit nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991, da galten Reisende als besonders mutig, wenn sie es wagten, mit einer Fluggesellschaft aus einer der 15 ehemaligen Unionsrepubliken zu fliegen. Kaum ein Monat im Nach-Ostblock-Chaos verging, ohne dass eine alte  Tupolew bei der Landung verunglückte oder eine  Iljuschin irgendwo über Sibirien abstürzte. Die einst staatlich in hohem Masse subventionierte Luftfahrt lag wirtschaftlich und operationell am Boden – und es war keiner da, der sich um sie kümmerte.

Fluggesellschaften zwischen wirtschaftlichem Höhenflug und Absturz
Zwanzig Jahre später sind die Zeiten vorbei für Heldengeschichten, in denen Vielflieger abends an der Hotelbar über ihre Beinahe-Katastrophen berichten. In der Branche haben sich fünf Fluggesellschaften herauskristallisiert, die knapp 60 Prozent des Marktes kontrollieren:  Aeroflot,  S7 Airlines,  Transaero,  UTair und  GTK Rossiya. Sie haben Anschluss an den Weltstandard gefunden und fliegen immer weniger Modelle aus der Sowjet-Ära, sondern westliche und einige neue russische Maschinen. Das heißt allerdings nicht, dass es in der russischen Luftverkehrsindustrie weniger turbulent zuginge: Wirtschaftlich ist die Lage für sie äußerst angespannt, so sehr, dass mehrere Fluggesellschaften am Rande des finanziellen Kollapses stehen. Und der Winter, auch in Russland die Saure Gurken-Zeit der Branche, ist zudem noch lang. Hinzu kommt, dass die russische Regierung, die an vielen Unternehmen noch beteiligt ist, beim ständigen Umbau der Branche weiterhin eine wichtige Rolle spielt.

Der Staatskonzern Aeroflot ist Marktführer
Als Marktführer gehalten hat sich der einst gigantische Staatskonzern  Aeroflot, von dem sich die meisten seiner heutigen Konkurrenten in der Provinz abgespalten haben. So etwa  S7 Airlines, die früher Sibir hieß und noch früher der Aeroflot-Ableger in Nowosibirsk war. Aeroflot profitiert von seiner zentralen Stellung und Stärke am Moskauer Flughafen  Scheremetjewo, darüber hinaus bekommt die Fluggesellschaft jährlich staatliche Subventionen von mehreren Hundert Millionen Franken: sie kassiert die Überfluggebühren, die ausländische Fluggesellschaften berappen müssen, wenn sie den russischen Luftraum durchfliegen.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise schüttelt die Airlines durch
Neben der mächtigen Aeroflot herrscht ein ständiges Kommen und Gehen: Noch vor ein oder zwei Jahren sah es so aus, als könne sich ein Gebilde namens  AiRUnion als Herausforderer etablieren. Mittlerweile gibt es das Konstrukt nicht mehr. Es folgte der Aufstieg von S7, doch mittlerweile ist nicht mehr sicher, ob und wie die Fluggesellschaft überleben wird. Mit  Avianova und  Sky Express versuchen sich zwei weitere Anbieter mit einem Billigflugkonzept, während viele kleinere Fluggesellschaften unbemerkt vom Markt verschwinden oder fusionieren.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Geldnöte der russischen Fluggesellschaften weiter verschärft. In den ersten acht Monaten des Jahres 2009 ging die Zahl der Passagiere um mehr als 15 Prozent zurück. Und die Ticketpreise, die wegen der vielen Monopolstrecken vor allem im Inlandsverkehr teilweise extrem hoch waren, fielen noch weiter.

Die Fluggesellschaften hoffen auf staatliche Hilfe
Für die Unternehmen war spätestens jetzt der Zeitpunkt schmerzhafter Reformen gekommen, wenn nicht schon die schwindelerregend hohen Kerosinpreise bis Mitte 2008 dafür gesorgt hatten, dass sie sich um mehr Effizienz bemühten. Dennoch verloren in diesem Jahr fast alle Fluggesellschaften Geld und hoffen auf staatliche Hilfen, die allerdings ausgeblieben sind.

S7 etwa musste Anfang des Jahres eine Bestellung für 15 Langstreckenflugzeuge des Typs  Boeing 787 annullieren, weil die Fluggesellschaft sich die Anzahlungen nicht mehr leisten konnte. Zudem konnte S7 im Februar eine Anleihe nicht zurückzahlen und bekam daraufhin wenigstens eine staatliche Kreditbürgschaft.

Schmerzhaftes Grounding für die Air Union-Allianz
Welche Rolle der russische Staat in dem großen Spiel der Fluggesellschaften spielt, veranschaulicht die Geschichte rund um  AiRUnion. Fünf zumindest teilstaatliche Airlines –  Kras Air,  Domodedowo Airlines,  Samara,  Sibaviatrans und  Omskavia – wollten sich unter diesem Namen zu einer Allianz zusammentun und ein Gegengewicht zu Aeroflot bilden. Sogar die  Star Alliance mit Lufthansa und Swiss hatte durchblicken lassen, dass sie sich in ein paar Jahren eine Zusammenarbeit vorstellen könnte, sobald AiRUnion den Sprung in die erste Liga der Fluggesellschaften geschafft habe.

Doch führende Mitglieder des Bündnisses gerieten im Laufe des Jahres 2008 in immer größere Finanzprobleme, die für Kras Air und Domodedowo Airlines Anfang 2009 mit Insolvenzverfahren endeten. Zeitweise mussten die Fluggesellschaften den Betrieb einstellen, weil sie in Moskau-Domodedowo keinen Treibstoff mehr bekamen und der Flughafen darauf pochte, Landegebühren bezahlt zu bekommen.

Wladimir Putins Traum von einer „Airlines of Russia“
Damit wäre das Schicksal jeder Fluggesellschaft besiegelt gewesen, nicht jedoch in diesem Fall. Der dritte Moskauer Flughafen  Wnukowo witterte seine Chance und bot neue Kredite sowie Treibstoff an, vorausgesetzt, die Empfänger des Geldes würden umziehen. Wnukowo befindet sich im Besitz der Stadt Moskau und des russischen Staates.

Damit aber nicht genug: Die Regierung von Wladimir Putin entwarf einen neuen Plan, wie der zersplitterte Teil der Branche konsolidiert werden könnte, nämlich unter dem Dach einer neuen Fluggesellschaft “Airlines of Russia”. Darin sollten sich die ehemaligen Air Union-Mitglieder  Kras Air,  Domodedowo Airlines und  Samara wiederfinden, darüber hinaus  Atlant-Soyuz,  GKT Rossiya,  Kavminvodyavia,  Orenburg Airlines, Saratov Airlines, Sakhalin Airways,  Vladivostok Avia und  Dalavia – viele kleine und Kleinstanbieter, die alleine praktische keine Überlebenschance haben und oft nur auf dem Papier existieren. Doch seit dem Herbst 2008, als diese Pläne akut waren, ist es still geworden um die „Airlines of Russia“ – nach der formalen Gründung ist nicht mehr viel passiert.

Russland ist für globale Allianzen ein Wagnis
Einen vergleichsweise stabilen Eindruck macht die mehrheitlich private  Transaero. Sie baut ungerührt ihr traditionelles Standbein aus, den Charterverkehr in die bei Russen so beliebten Feriengebiete in der Türkei und Ägypten, darüber hinaus stärkt sie ihr Inlandsnetz. Transaero betreibt mittlerweile die umfangreichste Flotte von Großraumflugzeugen in Russland.

Die Unübersichtlichkeit, die ständigen Fusionen, Pleiten und sonstigen Veränderungen machen Russland für globale Allianzen zu einem besonders schwierigen Pflaster.  SkyTeam (wozu unter anderem Air France-KLM und Delta zählen) hat sich frühzeitig Aeroflot als Mitglied gesichert und kann als einziges Bündnis entspannt beobachten, was sich in Russland tut.  Oneworld will zwar S7 aufnehmen, muss aber stetig und ernsthaft um deren Fortbestand fürchten. Die  Star Alliance steht nach dem Aus für AiRUnion wieder am Anfang ihrer Bemühungen.

Den Orginaltext lesen Sie unter:
http://www.maiak.info/russland-fluggesellschaft-aeroflot-s7-transaero-utair-gtk-rossiya

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