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Schweiz Medien Hintergrundbericht
Was Russen lesen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz
Bis 1993 gab es nichts
Russischsprachige Printmedien in der Diaspora
Redaktion: Sonja Margolina / maiak.info
Eingestellt am  04.01.2010 Aktualitätsende 13.01.2010
Sie dürfen diesen Text mit Nennung des Autors und von maiak.info honorarfrei vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich machen.
Zürich/gc/maiak. Über 50 russischsprachige Zeitungen und Zeitschriften erscheinen heute in Deutschland, Österreich und der Schweiz, von der kleinen aber feinen „Russkaja Schwejzarija“ bis zum europaweit gelesenen „Evropa-Ekspress“. Dabei gab es noch 1993 keine einzige russischsprachige Publikation. Eine spannende Geschichte der russischsprachigen Medien in der Diaspora.

„Evropazentr“ öffnete den russischsprachigen Medienmarkt
Im Mai 1993 gründete der Moskauer Journalist Jurij Sarubin die erste russischsprachige Zeitung in Deutschland, „Evropazentr. Um genau zu sein, gründete Sarubin sechs Jahrzehnte nach der Blütezeit der russischsprachigen Presse in Berlin in einem völlig leeren Markt eine Wochenzeitung, die schon bald von russischen Muttersprachlern in ganz Deutschland gelesen wurde.

Sarubin verstand „Evropazentr“ als ein Medium zur Integration aller russischsprachigen Einwanderer, ungeachtet ihrer Nationalität. Die Wochenzeitung sollte politische Prozesse in Russland und Europa beobachten und die Neuankömmlinge mit dem Leben in Deutschland vertraut machen. Sein Anliegen war es, den durchschnittlichen Russen anzusprechen, sich seiner Bedürfnisse anzunehmen, ihm die Situation auf dem Arbeitsmarkt und seine Rechte auf soziale Absicherung zu erklären.

„Evropazentr“ bot 1993 aber auch anspruchsvolle Kulturreportagen und war später die einzige russischsprachige Zeitung, die sich für innerdeutsche Debatten interessierte und diese einzuordnen vermochte. Schwarzweiß, streng thematisch gegliedert und eng bedruckt, vermittelte das Blatt einen sachlichen Eindruck.

Nicolas Werner startet mit dem „Evropa-Ekspress“ durch
2001 waren über Deutschland verteilt schon zwölf russischsprachige Zeitungen zu finden, meist öffentlich finanzierte Informationsblätter für so genannte  Spätaussiedler und jüdische  Kontingentflüchtlinge. Einen kommerziellen Konkurrenzkampf lieferten sich aber nur die in Berlin erscheindene Zeitschrift „Evropazentr“ und die später dazu gekommene „Russkij Berlin“ (seit 1997 als Regionalausgabe von Russkaja Germanija.

Hinter „Evropazentr“ stand der 41-jährige Nicolas Werner, eine schillernde Figur mit Universitätsabschlüssen in Jura, Medizin und Wirtschaft, dessen Familie 1988 aus der  Moldauischen Sowjetrepublik in die USA ausgewandert war. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kehrte Werner 1992 nach Moldawien zurück und gründete dort ein Medien- und Bau-Imperium mit rund 6.500 Mitarbeitern.

1998 wurde er Medienberater des damals populären Generals und Gouverneurs von Krasnojarsk,  Alexander Lebed. Dann kam es Knall auf Fall: Werner wurde in Moldawien enteignet, Lebed kam bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben. Werner zog nach Berlin, wo er seither den russischsprachigen Medienmarkt aufmischt.

Seine Werner Media Group legte mit „Evropazentr“ und „Ost-Ekspress“ die zwei größten Zeitungen zum „Evropa-Ekspress zusammen und pushte dessen Auflage auf heute 120.000 Exemplare. Ebenfalls aufgekauft – aber kurzerhand eingestellt – wurde die kleine „Wedomosti aus Düsseldorf.

Die Werner Media Group gründete dafür in den letzten Jahren sechs weitere russischsprachige Blätter wie die Monatszeitung „Evreyskaya Gazeta (Jüdische Zeitung) mit einer Auflage von 39.000 Exemplaren und das Hochglanzmagazin „Vsja Evropa mit einer Auflage von 90.000 Exemplaren.

„Russkaja Germania“, „Germania Plus“ und „MK-Germania“
Man könnte meinen, dass die Werner Media Group mit ihrer ebenso klugen wie aggressiven Expansionsstrategie die Konkurrenz schnell an den Rand drücken würde. Stattdessen gibt es in Deutschland heute sogar rund fünfzig russischsprachige Zeitungen und Zeitschriften.

Ganz vorne dabei, sind seit 1996 die aus Riga stammenden Brüdern Dmitrij und Boris Feldman mit ihrer Wochenzeitung „Russkaja Germania. Sie hat mit ihren Regionalausgaben in Berlin („Russki Berlin“), Nordrhein-Westfalen („Rheinskaja Gazeta“), Bayern („Russkaja Germanija – Bawarija“) und Hamburg („Russkaja Germanija – Gamburg“) eine verkaufte Gesamtauflage von 61.000 Exemplaren.

Ein anderes Geschäftsmodell, nämlich jenes der Gratiszeitung, pflegt in München der Moskauer Physiker Ashot Terterian mit seinem Verlag Terterian. Er fing 1998 mit der Monatszeitung „München-Plus“ an, die anfangs eine überwiegend soziale Ausrichtung hatte und den russischsprachigen Einwanderern die Integration erleichtern sollte.

Seitdem hat Terterian expandiert und veröffentlicht heute das Flaggschiff „Germania Plus mit den Regionalausgaben „München Plus“, „Nürnberg Plus“, „Augsburg Plus“ und „Berlin Plus“, deren monatliche Gesamtauflage 100.000 Exemplare erreicht. Die Monatszeitungen werden gratis aufgelegt in russischsprachigen Läden, Arztpraxen und Kliniken, in Reisebüros ebenso wie in Restaurants und Bäckereien.

In Frankfurt wiederum gründete das russische Boulevardblatt  „Moskowski Komsomolez“ 2001 eine auf die Bedürfnisse der Diaspora zugeschnittene „MK-Germania. Die Wochenzeitung hat erst eine Auflage von 35.000 Exemplaren, obwohl ihr die moderne Infrastruktur der zweitgrößten Zeitung Russlands mit einem Anschluss an die weltweiten Presseagenturen zur Verfügung steht.

„Partner“, „Ostrow Tam-i-Tut“ und „Semljaki“
Nicht zu vergessen sind die mittleren und kleinen Printmedien von lokalen Verlagen. Ein Beispiel von vielen ist die vom MedienHaus GmbH & Co. KG in Dortmund herausgegebene Monatszeitschrift „Partner mit einer Auflage von 20.000 Exemplaren und „Partner-Nord“ mit 10.000 Exemplaren für die nördlichen Bundesländer.

Zu den Produkten dieses Verlages gehören auch die liebevoll gestaltete Kinderzeitschrift „Ostrow Tam-i-Tut“ (Die Insel Hier-und-Dort) und eine Quartalszeitschrift für zeitgenössische russischsprachige Literatur „Zarubezhnye zapiski.

Im nordrhein-westfälischen Kalletal erscheint eine Monatszeitschrift für Aussiedler „Semljaki – Landsleute – mit 30.000 Abonnenten. Zweisprachig: „Ostrowok“ und die „Deutsch-Russische Zeitung“.

Der deutsche Föderalismus trägt zur Vielfalt und zum lokalen Kolorit der russischsprachigen Presse bei. So erscheint seit 2005 in Lörrach das zweisprachige Informationsblatt „Ostrowok“ (Inselchen) der Aussiedlerinnen Galina Zerr und Lydia Pfeiffer. Es finanziert sich aus Anzeigen und bietet den russischsprachigen Einwanderern im deutsch-schweizerisch-französischen Dreieck regionale Tipps, informiert über sozialen und kulturelle Angebote.

Zweisprachig ist auch die „Deutsch-Russische Zeitung“, welche in Augsburg nach mehrjähriger Unterbrechung seit Januar 2008 wieder erscheint. Vor rund zehn Jahren war die Zeitung nach 24 Ausgaben eingestellt worden, nun ist die DRZ gemäß Chefredakteur  Waldemar Weber wieder „eine Begleiterin der Zuwanderer aus den russischsprachigen Ländern, für die Deutschland zu einer neuen Heimat wurde, die hier ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Kinder sehen“.

Als Ratgeber und Begleiter im Integrationsprozess verstehe sich das Blatt, so Weber. Historische Themen wechseln ab mit aktuellen Beiträgen („Zur Lage der russlanddeutschen Aussiedler“), Wissenswertes aus Landeskunde und Kultur steht neben Herz- und Schmerzthemen. Die Mischung ist so bunt wie wohl die Erwartungen der Leserschaft an ein monatlich erscheinendes Blatt.

„Russkaja Schwejzarija“ – in der Schweiz allein auf weiter Flur
Im Vergleich zum harten Konkurrenzkampf der russischsprachigen Blätter in Deutschland, herrschen in Österreich und in der Schweiz idyllische Zustände. Als einziges russischsprachiges Printmedium in der Schweiz erscheint seit April 2004 die Monatszeitschrift „Russkaja Schwejzarija in einer Auflage von rund 6.000 Exemplaren.

„Russkaja Schwejzarija“ informiert die Zugezogenen über den Alltag, über politische und juristische Fragen, und sie ist ein Forum für Gedankenaustausch, Personenporträts und praktische Tipps. Wobei sich die Leserschaft stark unterscheidet von den Expats in Deutschland: Die in der Schweiz lebenden Russischsprachigen sind größtenteils gut situierte Geschäftsleute, Akademiker zum Beispiel an Hochschulen und Forschungsinstituten oder Kulturschaffende.

Ausgerechnet der Gründer und Chefredakteur von „Russkaja Schwejzarija“ kam dagegen als mittelloser Tschetschenien-Flüchtling in die Schweiz. Alexander Peske studierte hier aber zuerst Kommunikation und Journalistik, danach Business Communication, und gilt heute als erfolgreicher Medienmann. Seine Mission bringt Peske auf den Punkt: „Ich bringe Schweizer und Russen zusammen.“ Die Russischsprachigen sollen verstehen, dass sie Europäer sind und Konflikte ohne Gewalt lösen können, den Schweizern will er umgekehrt die reiche Kultur der Russischsprachigen näher bringen.

Macht „Buratino“ dem „Sootetschestvennik“ in Österreich Konkurrenz?
Auch in Österreich erscheint bis heute erst eine einzige, relativ kleine Monatszeitschrift, der „Sootetschestvennik“ (Landsmann), deren Chefredakteur und Herausgeber Serguei Tikhomirov in Wien über das Leben in der Diaspora informiert.

Der Geschäftsmann Vjacheslav Taslitsky will aber in den nächsten Monaten in Wien eine neue russische Wochenzeitung auf den österreichischen Markt bringen. Wobei man den „Markt“ für einmal wörtlich nehmen kann: Vjacheslav Taslitsky ist Besitzer der russischen Lebensmittelhandelskette „Buratino – Pinocchio –, in der die rund 80.000 Russischsprachigen in der österreichischen Diaspora gerne Lebensmittel kaufen, an die sie in der Heimat gewöhnt waren.

Den Originaltext lesen Sie hier: http://www.maiak.info/russische-medien-deutschland-oesterreich-schweiz

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