Bonn/Berlin/gc/http://www.ne-na.de. „Der alte Fordismus, zu dem der scheinbar sichere Job auf Dauer gehört, ist Vergangenheit. Das kommt nicht wieder, auch nicht in einer abgewandelten Version, wie das manche heute glauben. Niemand kann Deutschland in die sechziger Jahre zurückholen“, so Wirtschaftswissenschaftler Rolf Sternberg http://www.geog.uni-hannover.de. Er warnt davor, den Spielraum, der sich durch die Veränderung ergibt, nicht zu nutzen. „Es gibt immer mehr Leute, die ihre Freiräume verlangen und nutzen. Und sie setzen das ohne Zweifel auch durch, sagt er. Umso problematischer sei es, dass dieser klare Trend zu mehr Selbstständigkeit in der Arbeit „kulturell und normativ beharrlich ignoriert wird. In den Schulen spielt Selbstständigkeit weder als Erwerbsform noch als Lebensziel eine Rolle. Das führt zu einer grotesken Entwicklung, denn tatsächlich werden immer mehr Leute selbstständig im eigentlichen Sinne, entscheiden also selbst über ihre Arbeit und ihren Erfolg. In anderen Ländern, nicht nur in den USA, ist das ganz anders. Für Professor Sternberg sind es vor allem die einst durchaus staatsgläubigen Nationen Niederlande und Dänemark, die einen enormen Wandel in Sachen Selbstständigkeit durchgemacht haben: „Am Beispiel Dänemark zeigt sich der Zusammenhang zwischen einem gründlich reformierten Staat, der fit ist fürs 21. Jahrhundert, und dem positiv besetzten Leitbild Selbstständigkeit besonders deutlich: Die Jahre der Flaute nutzte Dänemark gezielt für einen Komplettumbau seines sozialen Systems, das nach wie vor als eines der besten der Welt gilt. Das starre Arbeitsrecht, das sehr ähnlich aussah wie das, was Deutschland heute noch gegen seine wirtschaftliche Entwicklung in Anschlag bringt, wurde abgeschafft“. „Um so erfreulicher sind Initiativen wie der Heidelberger Verein 20prozent http://www.20prozent.org/index.php, die sich offensiv zu Unternehmertum und Selbstständigkeit bekennen. Hier entsteht eine Geisteshaltung, die wir dringend brauchen“, betont After Sales-Experte Michael Müller, Geschäftsführer des IT-Dienstleisters a&o http://www.ao-services.de. Die Globalisierung, die Beschleunigung und die Chaotisierung des Wirtschaftsgeschehens werden nach Ansicht von Günter Ogger, Autor des Buches „Die Abgestellten“, auch die deutsche Arbeitswelt umpflügen: „Alle drei Trends zusammen zwingen die Geschäftsleitungen zu Improvisationen und permanenten Anpassungsprozessen – und die sind mit statischen Strukturen kaum zu bewältigen. Unbewegliche Belegschaften zählen ebenso zu den Hindernissen wie das in Immobilien gebundene Firmenvermögen oder unveränderliche Produktionsanlagen. Man wird also den Block der fest angestellten Mitarbeiter nach und nach verkleinern, Büro- und Fabrikgebäude verkaufen und nach Bedarf zurückleasen, Produktionsanlagen so weit wie möglich flexibilisieren. In seiner Extremform könnte das Unternehmen der Zukunft dem ähnlich sehen, was Unternehmensberater und Organisationsfachleute eine ‚virtuelle Company’ nennen. Gemeint ist eine Firma, die nur noch aus einer Geschäftsidee und wenigen Mitarbeitern besteht, je nach Bedarf kooperiert sie mit anderen, um ein Produkt herstellen zu lassen, einen Vertrieb zu organisieren oder eine Finanzierung auf die Beine zu stellen“, schreibt Ogger in der Herbstausgabe des Wirtschaftsmagazins NeueNachricht http://www.neuenachricht.de zum Titelthema „Arbeit reloaded“. Virtuelle Unternehmen seien zwar noch Zukunftsmusik. Der Trend zu „beweglichen Unternehmen“ sei allerdings schon im vollen Gange.“ Für Wirbel sorgte die Aktion beim Deutschland-Ableger des US-amerikanischen IT-Konzerns Sun Microsystems, der zwei Drittel seiner gut 1.500 Mitarbeiter zu sogenannten i-Workern machte“, führt Ogger aus. Die Verlagerung ihrer Tätigkeiten weg vom zentralen Großraumbüro nach Hause, wo sie am Laptop oder PC sitzen und über Datenfernleitungen in stetigem Kontakt mit „ihrer“ Firma, den Kunden und Kollegen stehen, verändere nicht nur die Arbeitswelt gründlicher als einst die Einführung des Fließbandes in den Fabriken Henry Fords. Die Telearbeit habe Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft, von deren Ausmaß man sich bisher nur ein vages Bild machen könne. „Telearbeiter verursachen keinen Stau auf den Straßen, füllen keine Pendlerzüge, benötigen keine Büros, keine Werkskantine und höchstens einen Businessanzug“, meint Ogger. „Damit lösen sich auch feste Beschäftigungsverhältnisse“, schreibt Dienstleistungsforscher Dr. Manfred Wirl in seinem NeueNachricht-Beitrag „Megatrend Freelance-Ökonomie - Abschied von der industriekapitalistischen Festanstellungsidylle“. In der Freelance-Ökonomie komme man mit der alten industriekapitalistische, Denkweise von IG-Metall, BDI, IHKs und Co. nicht mehr weit. „Vor allen Dingen die Gewerkschaften stemmen sich gegen die Flexibilität der Arbeitsstrukturen, die ein Grundprinzip und ein Erfolgsrezept der Freelance-Ökonomie darstellt. Stattdessen setzt man weiter auf Flächentarifverträge, starre Arbeitszeitregelungen und auf einen restriktiven Kündigungsschutz. Damit werden gegen eine unaufhaltsame, wirtschaftliche Entwicklung undurchdringbare Abwehrstellungen aufgebaut, die nur noch unter großen Arbeitsplatzverlusten gehalten werden können und die immer mehr Menschen dem Alimentierungssystem des Sozialstaates ausliefern oder sie sogar – doch dann als Opfer einer verfehlten Arbeitsmarktpolitik – in die Freelance-Ökonomie hineindrängen“, analysiert der Wissenschaftler von der Bonner Forschungsgruppe für Dienstleistungsökonomie. Das Magazin NeueNachricht erscheint vierteljährlich. Das Einzelheft kostet 8,20 Euro. Bestellungen per Fax unter: 0228 – 620 44 75, E-Mail: baerbel.goddon@sohn.de oder über den Bestellbutton auf der Website www.ne-na.de (linke Seite). Redaktionen erhalten Besprechungsexemplare kostenlos. Redaktion medienbüro.sohn Ettighoffer Straße 26a 53123 Bonn Tel: 0228 – 62 0 44 74 Mobil: 0177 – 620 44 74 E-Mail: medienbuero@sohn.de Website: www.ne-na.de |